Evaluierung Home-Treatment: deutlicher Erfolg erkennbar
Im Jahr 2021 starteten die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (MedUni Wien/AKH) und die Psychosozialen Dienste in Wien (PSD-Wien) erstmals in Österreich das Pilotprojekt Home-Treatment, eine aufsuchende Versorgung junger Menschen mit sozialpsychiatrischen Erkrankungen. Nun liegt die Evaluierung der ersten beiden Jahre des im Rahmen der Wiener Landeszielsteuerung mit Einbeziehung der Österreichischen Gesundheitskasse entwickelten und unterstützen Projekts vor. Die wissenschaftliche Begleitforschung bei 61 Patient*innen, die seit 2021 im Home-Treatment Projekt teilgenommen haben, zeigt sehr positive Ergebnisse.
Durchschnittlich 15,5 Wochen verbrachten die 61 Patient*innen zwischen 7 und 17 Jahren im Home-Treatment-Projekt. Die häufigsten Erkrankungen waren Reaktionen auf schwere traumatische Belastungen, sowie phobische und depressive Krankheitsbilder, ebenso wie Autismusspektrumsstörungen. Sowohl in der Einschätzung durch die Patient*innen, wie auch in der Einschätzung durch die Eltern und die Behandelnden, zeigten sich signifikante Verbesserungen im Bereich der psychischen Gesundheit, wie auch des allgemeinen Funktionsniveaus.
Von Beeinträchtigungen in der Realitätskontrolle oder der Kommunikation bzw. starken Beeinträchtigungen in mehreren Aspekten bei der Arbeit oder in der Schule, familiären Beziehungen und der Befindlichkeit am Beginn der Behandlung, veränderten sich die Symptome hin zu einigen leicht verbleibenden Indikatoren bei im Allgemeinen relativ guter wiedergewonnener Leistungsfähigkeit und wichtiger zwischenmenschlicher Beziehungen, welche durch eine skalierte Einschätzung (GAF) evaluiert wurde.
Bei 90% der teilnehmenden Patient*innen kam es nach Beendigung der Behandlung zu einer Verbesserung der Symptomatik. Auch die befragten Erziehungsberechtigten gaben zu 83,7% an, dass sich der Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen verbessert habe. Im Vergleich zum stationären Behandlungssetting war außerdem die Zahl der Aufnahmen bzw. Wiederaufnahmen innerhalb von drei Monaten nach Behandlungsende im Home-Treatment niedriger. „Sowohl die gesundheitsbezogenen Daten, als auch die Einschätzung der Erziehungsberechtigten und der Patient*innen selbst zeigen am Ende der Behandlung deutlich bessere Werte, als am Beginn. Wir können mit dieser Behandlung auch Kinder und Jugendliche erreichen, die es früher nicht geschafft haben zu uns zu kommen. Die Einbindung des Alltags, wie er im Home-Treatment ermöglichst wird, ist damit ein entscheidender Vorteil dieses Behandlungssettings“, sagt Univ.-Prof. Dr. Paul Plener, MHBA, Leiter der Universitätsklinik der Medizinischen Universität Wien für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Projektleiter der Evaluation.
„Die Betreuung durch multiprofessionellen Teams ist ebenso intensiv, wie im Rahmen eines stationären und tagesklinischen Aufenthalts. Allerdings findet diese im alltäglichen Umfeld der Patient*innen statt. Dadurch ist es im Rahmen des Home-Treatments ist auch einfacher sehr junge Kinder mit psychischen Erkrankungen zu behandeln und früher auf Erkrankungen reagieren zu können, was entscheidend für den Behandlungserfolg ist. Darüber hinaus konnten offensichtlich auch andere Patient*innen erreicht werden, als sie regelhaft im stationären Setting aufgenommen werden. Home-Treatment stellt damit ein zusätzliches Angebot aber kein zum stationären Setting konkurrierendes Angebot, dar“, erklärt Prim. Dr. Patrick Frottier, Leiter des Home-Treatments auf Seiten des PSD-Wien.
Nach den ersten beiden Jahren zeigt sich: das Home-Treatment ist eine win-win Situation für Patient*innen und das Gesundheitssystem
„Die Evaluierung des Home-Treatment-Projekts zeigt die Vorteile der aufsuchenden, intensiven, multidisziplinären Behandlung psychisch erkrankter Kinder und Jugendlicher deutlich auf. Mit der Integration der Behandlung in den Alltag der Kinder wird die vielfach als zusätzliche Belastung wahrgenommene Diskontinuität in der familiären und sozialen Beziehung verringert. Gleichzeitig tritt der sogenannte Drehtüreffekt, der nach der stationären Behandlung bei der Rückkehr in den häuslichen Rahmen auftreten kann, seltener auf. Außerdem wird der stationäre Bereich entlastet. Nach den ersten beiden Jahren zeigt sich: das Home-Treatment ist eine win-win Situation für Patient*innen und das Gesundheitssystem“, betont der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner.
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